Kohlscheid im Juli 1935

01.07.1935 Die nun an der Schule Klinkheide tätige Lehrerin Adele Rothkranz wird heute zur Unter-Gruppenführerin der Jungmädel ernannt. An den Staatsjugendtagen ist sie für ihre Betätigung im BdM beurlaubt. (SchulKlink)
Im Geschäftsjahr 1934/35 hat Laurweg eine Belegschaft von 1914 Personen. Die Nettoförderung beträgt 672779 t. Es werden 41934 MWH Strom erzeugt und pro Minute 6,16 Kubikmeter Wasser gehoben. (Aretz, Bergwerke S. 627)
07.07.1935 In Sittard wird der am 13.10.1906 in Kohlscheid geborene Ludwig Amkreuz zum Priester geweiht. Er ist Herz-Jesu-Priester (ECJ): Eltern: Eheleute Josef Amkreuz und Barbara Simons. Ab 1935 Erzieher für den Ordensnachwuchs in Sittard, ab 1937 Seelsorger im Kloster Maria Martental, ab 1941 Kriegsdienst, ab 1945 Seelsorger der Kriegsgefangenen in Chartres, ab 1948 Rektor der Missionsschule Stegen ab 1953 Rektor im Düsseldorfer Lehrlingsheim an der Krupp-Straße, ab 1969 Pfarrer in Landkern (Cochem). (Franken, 11.01.1962; Gasten 1989, S. 343)
13.07.1935 Kaplan Scheufens kann unter erschwerten Umständen die katholische Jugend an St. Katharina immer noch halten. Heute, Samstag kommt es zu einem Zusammenstoß. Pater Amkreuz der morgen seine Primiz in St. Katharina feiert, wohnt an der Bismarkstraße. Die Ortspolizei genehmigt die Ausschmückung der Straßen und des Elternhauses des Primiziaten. Die Jugend schmückt gerade das Haus des Neupriesters, als eine dort absichtlich mit Fahne vorbeiziehende HJ-Truppe sich gezwungen fühlt, handgreiflich zu werden. Ausländer werden Zeugen des Vorganges. Der Junge Scheilen, er steht zwischen Katharina Thönnissen und der Lehrerin Johanna Offergeld, wird von der vorbeimarschierenden Kohlscheider HL vom Haus weggerissen und unter der Anschuldigung: "Du Lump", warum hast du die Fahne nicht gegrüßt, so mißhandelt, daß er das Bewußtsein verliert und ärztliche Hilfe nötig nötig ist. Frl. Thönnissen fürchtet nach diesem Vorfall um den Straßenschmuck, es gab entsprechende Bemerkungen, und bittet von sich aus beim Bürgermeisteramt um Schutz. Pfarrer Backes erstattet noch am gleichen Tag Anzeige. Die Erregung über diese Vorkommnisse ist in der Pfarrgemeinde allgemein. (Siehe: 17.09.1935; Gasten 1989, S. 312f)
Die St. Martinus Bogenschützengesellschaft Kohlscheid-Nord feiert ihr 50 jähriges Bestehen mit einem Volks- und Wiesenfest bei Wirtz. (Volksfreund, 16.07.1935)
König der St. Martinus Bogenschützengesellschaft Klinkheide wurde Peter Pettenberg. (Nikolaus Kersges)
14.07.1935 Ludwig Amkreuz, Bismarkstraße 11, feiert seine Primiz an St. Katharina. Bei den Vorbereitungen kommt es zu einer ernsthaften tätlichen Auseinandersetzung zw. Der Katholischen Jugend und der HJ. (Vergl. Volksfreund., 29.06.1935 und Volksfreund, 16.07.1935)
19.07.1935 Die Gemeinde Kohlscheid plant den Bau einer weiteren Siedlung. Bauwillige sollen ein Eigenkapital von 500 RM aufbringen können, wenn möglich, daß ist aber keine Bedingung, noch ein Grundstück von 1200m² Größe. (Volksfreund)
An der Grenze wird fleißig durch holländische Schützen gewildert. Bei Verfolgung ziehen sie sich sofort über die Grenze zurück. (Volksfreund)
23.07.1935 Den konfessionellen Verbänden (Pfadfinder, Sturmschar etc.) wird das Tragen von Uniformen verboten. (AN, 23.07.1985)
24.07.1935 Das neue HJ-Heim soll im Volksgarten an der Oststraße "in schöner Umgebung", in der nähe der Turnhalle und des Sportplatzes stehen. Man will es links neben dem letzten Haus der Straßenbebauung mit einem großen Vorplatz errichten. Die Gesamtkosten werden sich auf 17000 RM belaufen. Die Gemeinde Kohlscheid will hierzu 7000 RM in bar leisten. Die Inneneinrichtung wird weitere 2350 RM kosten. Es gibt keine Einrichtungsgegenstände, die man übernehmen könnte. Eine Selbsthilfe durch die HJ ist nicht möglich. Das 0,43 ha große Grundstück im Volksgarten gehört der Gemeinde und hat einen Wert von 4300 RM. Die Straßenfront des Grundstücks mißt 61 m, die geringste Tiefe 65 m. Der Vorplatz soll 61 m lang und 26 m tief werden. Bei dem geplanten Gebäude handelt es sich um einen ebenerdigen Bau, der nicht unterkellert ist, in Ziegelverblendung mit leicht geneigtem Walmdach. Der Plan sieht einen durch Schiebetüren aufzuteilenden quadratischen Aufenthaltsraum (14 m x 14 m) nebst Nebenanlagen vor. Die Nebenanlagen bestehen aus zwei Zimmern für die Führer, Toiletten sowie einen Geräteraum mit Lager für das Heizmaterial. Für den Aufenthaltsraum werden 400 Stühle, 1 Podium, 2 Tische, 2 Aktenschränke und 400 Garderobenhalter benötigt. Für die Führerzimmer will man 8 Stühle, 2 Tische, 2 Aktenschränke und 2 Garderobenhalter anschaffen. Das Gebäude kann in einem zweiten Bauabschnitt ohne sonstige bauliche Veränderungen um einen weiteren Aufenthaltsraum erweitert werden. (Ako 2-212)
07.1935 Der frühere KPD-Parteisekretär baut als Instrukteur im Wurm-und Inderevier eine Organisation von 34 Kontaktleuten auf. Sie Decken die Kommunen Alsdorf, Herzogenrath, Eschweiler, Merkstein, Kohlscheid, Breinig, Kellersberg, Büsbach, Stolberg, Neuweiler und Höngen ab. Der Schwerpunkt liegt in Alsdorf. Die Stimmung unter den Bergleuten ist gereizt. Zum Besuch des Kreisparteitag der NSDAP sind 2000 Bergleute von Laurweg eingeladen, es fahren nur 30 hin. Ein DAF-Mann meint dazu: "Trete sie in den Bauch und schmeißt sie raus. Solche Leute haben in Deutschland kein Recht auf Arbeit". (Küppers, Widerstand, S. 65)
Lehrer werden auch weiterhin zu dreiwöchigen "nat. pol." Schulungskursen nach Kettwig eingeladen. (SchulKlink)
In Kohlscheid wird für den Vinzens-Verein und für den Elisabethen-Verein als Dachorganisation die Pfarrkaritas gegründet. Mitgliedsbeiträge und Sammlungen ermöglichen den beiden Vereinen ihre Weiterarbeit. (Franken 1970, S. 96; Gasten 1989, S. 168)
Bei den St. Sebastianus Schützen Berensberg-Rumpen ist Jean Mevissen Schützenkönig. (Meier Werner: Schützensilber)König der St. Martinus-Flobert-Schützengesellschaft Kohlscheid-Süd 1906, ist in diesem Jahr Gerhard Hönninger. (K.H. Herbord)
Josef Linden wird in diesem Jahr Kohlscheider Schachmeister. (Schachleben, Fs. 1976)
Das Rektorat Pannesheide wird finanziell von St. Katharina getrennt und ist nun vermögensrechtlich selbstständig. (Gasten 1989 S. 303)
Matthias Rappen errichtet an der heutigen Kämpchenstraße eine Gießerei. (Kohlscheider Straßenspiel, S. 99)
Für die Gemeinde werden registriert: 12192 Einwohner, 65 männliche und 59 weibliche Geburten, außerdem 89 Geburten in auswärtigen Entbindungsanstalten, 103 Eheschließungen sowie 108 Sterbefälle. (Ko 36, S. 142)
Bei den Flobert-Schützen Bank ist im Jahre 1935 Peter Wamper Schützenkönig. (Josef Zimmermann, Schützensilber)
Sichtbarer Ausdruck eines gewissen latenten Widerstandes ist die Auflagensteigerung der Kirchenzeitung des Bistums Aachen. Von 38000 stieg sie auf 90000 und 1935 auf 100000 Stück. Dagegen finden die NSDAP-Organe nur schlecht Eingang. Immer schwieriger wird es, für die Parteiehrenämter Freiwillige zu bekommen. Sammlungen erbringen nur wenige Ergebnisse, Parteiversammlungen sind nicht gut besucht. Der "deutsche Gruß", schon 1934 nur noch selten angewandt, ist 1935 aus den öffentlichen Leben nahezu verschwunden. Rassenpolitische Maßnahmen werden abgelehnt. (Nach GESTAPO-Akten, bearbeitet vom Historischen Verein für den Niederrhein. AVZ, 22.05.1953)