Von der Patronin der Bergleute zur Schutzheiligen von Kohlscheid
Die Heilige Katharina von Alexandrien wurde in Kohlscheid von der Patronin der Bergleute zur Schutzheiligen des gesamten Ortes. Dieser Text erkundet ihre historische Bedeutung und den Wandel ihrer Verehrung im Laufe der Jahrhunderte.
In der ehemaligen Jülicher Unterherrschaft zur Heyden (aus ihr entstand ab 1794 die spätere Gemeinde Heyden, dann die Gemeinden Pannesheide, später Kohlscheid, und Richterich) wird der Bergbau auf Steinkohle schon früh (1113) erwähnt. Abgebaut wurde an den Hängen des Amstelbaches und der Wurm. Frühe schriftliche Zeugnisse datieren aus den Jahren 1540 für das Wurmtal und aus 1545 für das Amstelbachtal.
Im Heydener Ländchen war ursprünglich die Hl. Katharina von Alexandrien Schutzpatronin der Bergleute, bevor sie von der Hl. Barbara abgelöst wurde. Vermutlich seit dem Jahr 1907, als die Vereinigungs-Gesellschaft für Steinkohlenbau im Wurmrevier mit dem Eschweiler Bergwerksverein (EBV) zusammengeschlossen wurde und ihren Sitz in Kohlscheid hatte, wurde die Hl. Barbara als Schutzpatronin der Bergleute verehrt.
Ein erstes schriftliches Zeugnis, dass die Hl. Katharina in Heyden als Patronin der Bergleute verehrt wurde, datiert vom 25. November 1627. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Verehrung bedeutend älter ist. Den Katharinentag feierten die Grubenbesitzer (Köhler) besonders festlich. Nach dem gemeinsamen Besuch des Gottesdienstes in Richterich traf man sich in Kohlscheid in dem am heutigen Markt gelegenen Köhlerhof (aktuell befindet sich dort die Volksbank) zur Abrechnung des Erbpfennings und zur Besprechung bergbaulicher Fragen. Bei dieser Begegnung waren der Heydener Vogt sowie die Gemeindeschöffen zugegen, denn die Gemeinde besaß auf Gemeindegrund Bergwerke, die aber zumeist verpachtet waren und an deren Erträgen sie mit dem Erbpfenning beteiligt war.
Für die Bevölkerung des Ländchens, die vorzugsweise in der Landwirtschaft und im Bergbau tätig war, steht die Kirche in Richterich. In dieser Kirche namens St. Martinus gibt es noch um 1750 einen mit einer Pfründe versehenen Katharinaaltar, der einem Vikar ein bescheidenes Einkommen garantierte. Als man in Kohlscheid auf dem heutigen Marktplatz eine Kapelle errichtet hatte - der Bauplatz wurde am 10. Oktober 1767 vermessen - befanden sich zur Ehre der Schutzpatronin der Bergleute in dem kleinen Gotteshaus rechts neben dem Hauptaltar ebenfalls ein Katharinenaltar sowie eine Büste der Schutzheiligen (die Büste ist noch immer im Besitz der heutigen Gemeinde St. Katharina).
Nach dem Vorbild der Sankt-Josefs-Bruderschaft, einer seit etwa 1759 bis 1923 bestehenden und dem Knappschaftswesen ähnlichen Selbsthilfeeinrichtung der Rumpener Bergleute, gründeten 1799 sechs honorige und vermögende Männer im bereits erwähnten Köhlerhof die Katharina-Bruderschaft. Die Errichtungsurkunde (sie ist in deutscher und französischer Sprache verfasst) beginnt:
> „Im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit. Heute am siebenten April 1799, haben zur Unterstützung der Kranken und Notleidenden eine Bruderschaft aufgerichtet, zur Schutzpatronin derselben die heilige Catharina gewählt, damit sie die einverleibten Brüder vor allem Unglück behüten möge.“
Die Bruderschaft zahlte Kranken- und Sterbegeld. Nach der Satzung ist der Katharinentag, der Bruderschaftstag, ein Festtag. Nach dem Gottesdienst mit Opfergang in Kohlscheid ist beim Köhlerwirt die Jahreshauptversammlung, bei der alle Brüder die Akten einsehen können. Als Sterbegeldkasse war die Bruderschaft noch bis nach 1970 tätig; offiziell aufgelöst hat sie sich bisher nicht.
Über die Jahrhunderte hinweg spannt der Name der Kohlscheider Gemeinde St. Katharina auch heute noch einen Bogen in die Zeit, in der die Hl. Katharina als Schutzpatronin der Bergleute des ehemaligen Ländchens zur Heyden verehrt wurde. Im Laufe der Zeit wurde die Heilige Katharina nicht nur die Patronin der Kohlscheider Kirche, sondern auch die Schutzheilige der Ortschaft Kohlscheid selbst. Die Katharina-Glocke im Turm von St. Katharina ist der Beweis: Sie trägt auf der Vorderseite die Hl. Katharina und auf der Rückseite das Gemeindewappen von Kohlscheid.
Die Pfarrgemeinde versuchte, an die bedeutende Verehrung der Hl. Katharina anzuknüpfen, indem sie in den Jahren 2007 bis 2009 jährlich um den Festtag der Heiligen eine Katharina-Oktav durchführte. Leider führte die Katharina-Oktav nicht zum Erfolg, sodass sie 2010 schon nicht mehr stattfand. Stattdessen wird um ihren Gedenktag (25. November), meist am Sonntag (dem Christkönigsfest) vor dem 1. Advent, im Patronatsfest der Kohlscheider Kirchengemeinde der Hl. Katharina gedacht und gefeiert.
Die ehemalige evangelische Kirche an der Kesselesstraße wurde am 3. Dezember 1933 als „Notkirche“ eingeweiht. Vor dem Krieg stand ein ebenerdiger Glockenstuhl hinter der Kirche; später erst (1953) erhielt die Kirche einen Turmvorbau.
Quellen:
- Gespräch mit Pfarrer Josef Unterberger, Pfarrer an St. Katharina Kohlscheid von 1970-2000
- Josef Aretz: *GLÜCKAUF ist unser Bergmannsgruß. Bergmännisches Lesebuch zum Aachener Steinkohlenrevier*, 2007
- Heimatverein Kohlscheid: *Kohlscheider Straßenspiegel*, 1988
- K St. Katharina Kohlscheid: *Mitteilungen aus dem Pfarrleben sowie die Pfarrbriefe*, Jahrgänge 2007 bis 2009
Michael Offermann